Ein kleiner, altmodischer Laden in Modica, im Südosten von Sizilien bei Ragusa, zieht Schokoladenliebhaber aus aller Welt an. Der süße Reichtum von Siziliens Dolci strahlt aus der Theke: kleine Törtchen und Cannoli. Die Kund:innen können Schokoladengranità und heiße Schokolade bestellen. In den Vitrinen stapeln sich die hübschen Tafeln und Pralinenschachteln.
Bei Bonajuto wird Schokoladengeschichte gepflegt. Eine neue Dimension von Schokolade für uns, für die Sizilianer eine jahrhundertealte Herstellungsweise, die schon von den Maya und Azteken praktiziert wurde: Aus kalt gewalzter Kakaomasse feinster Herkunft entsteht ein außergewöhnlicher Schokoladengenuss. Die Masse wird aus nur kurz und bei niedriger Temperatur gerösteten Kakaobohnen hergestellt.
Region
Sizilien
Stadt
Modica
Die Sizilianer kamen im 17. Jahrhundert durch die Spanier mit der Schokoladenkultur der Indios Mittelamerikas in Berührung. Sie übernahmen deren Techniken und walzten Kakaobohnen unter Zugabe von Zucker zu einer aromenreichen Masse, die noch Luftlöcher und Zuckerkristalle enthält.
Während in der Schweiz Lindt die Conche erfand und Schokoladen geschmeidig und homogen wurden, hielten im Südosten Siziliens die Bewohner des ehemaligen Feudalreichs Contea di Modica an ihrer Tradition fest.
Cioccolato di Modica ist heute in ganz Italien ein Qualitätsbegriff. Die Konsistenz der Schokolade ist rau und kann äußerlich auch graue Anklänge haben. Das liegt an der speziellen Herstellungsweise und ist keine Alterungserscheinung. Kakao hat nicht nur ein komplexes Bukett mit Hunderten von Noten und Aromen, sondern ist auch reich an Flavonoiden, Vitaminen und Wirkstoffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken.
Durch die Kaltverarbeitung bleiben diese Eigenschaften erhalten und es entsteht ein Produkt, das all seine flüchtigen Substanzen am Gaumen freisetzt, Empfindungen, die normalerweise bei der modernen Hochtemperaturverarbeitung verloren gehen.
Francesco Bonajuto bestand 1880 auf der traditionellen Art der Herstellung von Schokolade und gewann damit 1911 die Goldmedaille der Internationalen Landwirtschaftsmesse in Paris. Bis heute ist der Herstellungsprozess nie industrialisiert worden.
Pierpaolo Ruta, heutiger Betreiber in der 6. Generation, denkt überhaupt nicht daran, irgendetwas zu verändern. So bleibt die Produktion überschaubar und authentisch. In einem kleinen modernen Anbau kann die Produktion besichtigt werden, beispielsweise wie die rohen Kakaobohnen kurz geröstet werden. Das ist Bean-to-Bar zum Anfassen.
Die Bonajuto-Schokoladen vertreibt Viani exklusiv in Deutschland. Hierzulande ist diese Art der Schokolade noch relativ unbekannt.