Auch Enrico Devodier, ein Metzger aus Parma, brachte seine Schinken nach Langhirano. Dort baute er selbst 1963 mit anderen sein Reifehaus in Mulazzano Ponte bei Langhirano, nahe des Kellers, in denen vorher seine Schinken reiften.
Heute besuchen wir seinen Sohn Luigi, einen Grandseigneur des Parmaschinkens und Mitbegründer des DOP-Consorziums. Der Grund für unsere Neugierde war der außergewöhnliche Geschmack, außergewöhnlich gut, aber auch sehr individuell.
Erst schmeichelt sich der leicht süße Duft in die Nase, danach erstaunt die mürbe Konsistenz beim Biss und dann kommen die Aromen und bleiben, der Geschmack nach Reifekeller, nach gutem Fleisch und Trockenfrüchten. Der Parmaschinken der Familie Devodier ist markant.
Sicherlich ist es einmal das besondere Mikroklima dort. Vom Apennin wehen Meereswinde herunter, dazu kommt die Feuchtigkeit des Flusses Parma. Ein Geheimnis ist die Salzung der Schinken. „Wir benutzen eine Mischung aus verschiedenen Salzen“, ist das einzige, was Luigi verrät. Die Salze werden in der eigenen Mühle vermahlen und nur sehr zurückhaltend eingesetzt.
Enrico Devodier hatte seine Keller aus Ziegeln mauern lassen, die die Feuchtigkeit durchlassen. Die Keller atmen. Die Temperatur schwankt kaum während des Jahres. Außerdem kauft Familie Devodier grundsätzlich die größten Keulen der schwersten Schweine, die die Metzger, mit denen sie seit Jahrzehnten zusammenarbeiten, anbieten.
„Ich möchte, dass ein guter Schinken erkannt wird, wie ein guter Wein. Dass man sagt, dieser Schinken kommt aus dem Keller dieses besonderen Produzenten.“
Er ist das Qualitätsbarometer der vielen hundert Keulen, die in den gemauerten Gewölben reifen. Jeden Mittwoch besucht er die Keller, mit einem spitzen Pferdeknochen in der Hand, um die Schinken zu prüfen, die kurz vor dem Reifungsende sind. Der Knochen stammt vom Schienbein und besitzt besondere Eigenschaften. Seine poröse Konsistenz nimmt den Geruch des Schinkens schnell auf und verliert ihn genauso schnell wieder. Luigi Devodier kann so in kurzer Zeit den Geschmack beurteilen.
Während wir noch fasziniert die vielen Schinken bewundern, die in ihrer Anordnung an den Holzgestellen gemeinsam wirken wie ein Kirchengewölbe, sticht er routiniert an 5 verschiedenen Stellen einer Keule ein und wartet ungeduldig, dass wir an dem Knochen riechen. Die Urteile fallen unterschiedlich aus: blumig, reif, komplex, oder: ich rieche nichts. Luigi aber spricht von Waldboden, Kastanie, Nuss. Was er wirklich riechen will, ist Haselnuss. Dann ist der Schinken fertig.
Devodier teilt seine Keller ein und entscheidet, in welchen von ihnen welcher Schinken kommt und wie lange er reift. Secretum ist der bestgelegene, ausgerichtet nach Süden. Die Wärme zieht die Feuchtigkeit aus dem Boden und schafft ein besonderes Klima. Hier gibt es sogar einen eigenen Brunnen. Die von Fett marmorierten Schinken reifen dort 30 Monate.
Der jüngste Schinken kommt aus dem Keller Mornello. Dort reift er 20 Monate. Im Più di 24 lune sind es mindestens 24 Monate.
Gerade ist die 3. Generation der Familie in der Schinkenproduktion in Mulazzano bei Bologna angekommen. Michele Devodier ist noch zurückhaltend. Es sind Übung und Erfahrung, die ihn zu einem Parmaschinkenmeister machen werden. Zurück in Göttingen hat dieses Verständnis von Handwerk etwas archaisches. Als wir durch die Keller in Mulazzano gingen, erschien das alles stimmig und selbstverständlich.